Porträt Adalbert Pokorski
Adalbert Pokorski rechnet vor, unter welchen Umständen sich die Konversion von Büros in Wohnraum rentieren kann. (Quelle: Greenwater Capital)

Projekte 2024-07-12T06:37:03.457Z Aus Büros mach‘ Wohnraum

Die Umnutzung von Büros bietet Renditechancen, meint Adalbert Pokorski von Greenwater Capital und zeigt dies anhand von Rechenbeispielen.

Die Bedeutung von Büroimmobilien hat einen grundlegenden Wandel erfahren. Seit der Corona-Pandemie mit Lockdowns und Homeoffice und der daraus folgenden neuen Arbeitswelt mit hybridem Arbeiten hat das Büro seine Funktion als reine Arbeitsstätte für alle Mitarbeitenden verloren. Es ist nun vielmehr ein zentraler Treffpunkt für Besprechungen und internen Austausch geworden. Das Resultat: Es wird weniger Bürofläche nachgefragt.

Laut Savills Research orientieren sich Nutzer bei der Neuanmietung von Büroflächen an Qualität und Lage, aber fragen weniger Quadratmeter an Fläche an. Zwischen Januar 2023 und März 2024 sind im Mittel circa 910 Quadratmeter Bürofläche angemietet worden, während zwischen 2018 und 2022 dieser Wert noch bei durchschnittlich 1.060 Quadratmetern lag.

Auch der Leerstand ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Zu dem strukturellen Wandel gesellt sich aktuell außerdem noch eine sich zunehmend ausbreitende Konjunkturflaute, welche die Nachfrage nach Bürofläche noch weiter dämpft.

Auch der Megatrend Nachhaltigkeit wirkt sich auf die Nutzung von Büroimmobilien aus. Ältere und energetisch ineffiziente Bürogebäude werden zu Ladenhütern. Hier stimmen die Mieter mit den Füßen ab und meiden diese Flächen. Vermieter werden nun auf eine brutale Art und Weise mit dieser Realität konfrontiert. Die Energieeffizienz eines Gebäudes ist in den vergangenen Jahren bei der Entscheidung für oder gegen eine Büroimmobilie in den Fokus gerückt. Insbesondere für große und bekannte Büro-Nutzer spielt die Energiebilanz bei der Anmietung eine signifikante Rolle, stellt doch die CO2-Reduzierung bei der Büronutzung für Mieter einen bedeutenden Hebel zur Verbesserung des eigenen CO2-Fußabdrucks dar.

Ladenhüter sind schwer zu refinanzieren

Die Eigentümer der in die Jahre gekommenen Gebäude stehen zusätzlich vor der Herausforderung, dass die zunehmende ESG-Regulatorik wie die EU-Gebäuderichtlinie zukünftig eine energetische Sanierung erforderlich macht und den Investitionsdruck beim Eigentümer erhöht. Nicht zuletzt wirkt sich der energetische Zustand der Immobilien direkt auf die Konditionen der Finanzierung aus. Verstärkt wird von den Banken ein energetisches Konzept im Zuge der Refinanzierung gefordert.

Hinsichtlich der Büroimmobilienpreisentwicklung zeichnet sich laut CBRE eine Polarisierung ab: Während qualitativ hochwertige Immobilien in zentraler Lage im Preis aufwerten dürften, entwickeln sich die Preise für den älteren und energetisch ineffizienten Bürobestand, der den Großteil darstellt, eher seitwärts. Eigentümer von Büroimmobilien finden im Markt also gegenwärtig weniger attraktive Konditionen vor. Dies spiegelt sich auch an den von verschiedenen Immobilien-Beratungshäusern für Büroimmobilien gemeldeten Spitzenrenditen wider, die deutlich voneinander abweichen und die gegenwärtige Preisunsicherheit am Markt unterstreichen.

Doch bei einem bestehenden Bürogebäude muss nicht alles in Stein gemeißelt sein. Vor allem in gemischt genutzten Gebäuden bietet sich oft die Umwidmung der Bürofläche in Wohnen an. Mit der Umnutzung der Immobilie als reines Wohngebäude können die Eigentümer kurz-, mittel- und langfristig Renditepotenziale heben. Auch was den organisatorischen Aufwand betrifft, zeichnet sich eine positive Tendenz ab.

Wohnimmobilien: Hohe Nachfrage trifft auf knappes Angebot

Ein anderes Bild zeichnet sich am Wohnimmobilienmarkt ab. Hohe Nachfrage trifft auf ein knappes Angebot und steigende Mieten gerade in den Metropolregionen und städtischen Ballungszentren. Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren durch den Zinsanstieg, die hohe Inflation und den darauf folgenden Einbruch bei der Neubautätigkeit noch weiter verschärft.

Während die Preise für Wohnimmobilien im vergangenen Jahr deutlich nachgegeben haben, zogen die Mietpreise merklich an: Laut Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) für Mehrfamilienhäuser in neuen Verträgen um 6,3 Prozent und in den sieben Großstädten sogar um fast sieben Prozent. Diese Entwicklung dürfte sich in den nächsten Jahren durch die stark zurückgegangene Neubautätigkeit noch weiter verschärfen.

Beispielrechnung für Renditepotenziale

Welche Renditepotenziale ergeben sich durch eine Umnutzung der Büroflächen einer gemischt genutzten Immobilie in Wohnfläche? Dies soll anhand einer Beispielrechnung aufgezeigt werden: Bei einer Bürofläche von 100 Quadratmetern an einem B-Standort, in einer gemischt genutzten Immobilie in einem attraktiven Wohnumfeld, dürften sich die Kosten für die Umnutzung als Wohnimmobilie – vorausgesetzt die Grundrisse weisen bereits wohnungsähnliche Grundzüge auf und die Investitionen erfolgen primär bei den Oberflächen – auf circa 40.000 Euro belaufen.

Wenn nicht schon vorhanden, sollte zusätzlich der Einbau einer Küche einkalkuliert werden, wofür mindestens weitere 10.000 Euro aufgebracht werden müssen. Damit summieren sich die Investitionskosten für die Umnutzung auf 50.000 Euro oder rund 500 Euro pro Quadratmeter. Bei einer angenommenen Mietdifferenz von vier Euro pro Quadratmeter von Büro- im Vergleich zu Wohnimmobilien in zentraler Lage (Gewerbe: 14 Euro pro Quadratmeter und Wohnen 18 Euro pro Quadratmeter) lässt sich eine zusätzliche Jahreskaltmiete von 4.800 Euro oder eine Rendite von rund zehn Prozent auf die Investitionskosten erzielen.

Im Verkaufsfall und bei einem marktüblichen Kaufpreisfaktor für Wohnen in einer attraktiven innerstädtischen Lage von aktuell 22 Jahresmieten gegenüber gemischt genutzten Immobilien von 19 Jahresmieten bedeutet die zusätzliche Kaltmiete von 4.800 Euro eine Wertschöpfung von rund 106.000 Euro.

Weitere Chancen und Hürden

Natürlich ist die oben aufgeführte Beispielrechnung keine allgemeingültige Schablone für eine dezidierte Kostenplanung. Die Kosten können je nach Gebäude und Umfang der Umbauarbeiten deutlich variieren. Jedoch kann man davon ausgehen, dass die Kosten für die Umnutzung unter den Kosten für einen Neubau liegen. Aktuell weist Frankfurt am Main die höchste Rate an fertiggestellten Wohnungen aus Umwandlungen von Büroflächen in Deutschland auf. Zwischen 2018 und 2023 lag der Anteil daran in Frankfurt durchschnittlich bei 33 Prozent. Dies liegt auch darin begründet, dass in der Bankenmetropole Frankfurt viele Büros in Bankentürmen angesiedelt sind, die ideale technische Merkmale wie eine geringe Grundfläche für die Konvertierung zum Wohngebäude aufweisen.

Hieraus lassen sich auch mögliche technische Hürden ableiten, deren Beseitigung technisch und im Hinblick auf die entstehenden Kosten im Vorhinein geprüft werden müssen: Die Umwandlung von atypischen Gebäudeformen, großen quadratischen Grundflächen mit geringer Nutzfläche oder die Verteilung der Versorgungstechnik (Heizung, Lüftung, Klimatechnik) auf einzelne Wohneinheiten können mit erheblichem baulichem und finanziellem Mehraufwand verbunden sein.

Weitere externe Faktoren, die bei der Prüfung zur Umwandlung in eine Wohnfläche berücksichtigt werden sollten, sind zum Beispiel die Mobilitäts- und Nahversorgungsinfrastruktur, die Lärmbelastung vor Ort, die Nähe zu Grün- und Erholungsflächen oder zu Kultureinrichtungen.

Die Umwandlung einer Büro- in eine Wohnfläche bedarf einer neuen Baugenehmigung. Hier zeigen sich die Kommunen aber angesichts der Wohnungsknappheit meistens kooperativ. Auch unter städtebaulichen und ESG-Gesichtspunkten ist die Genehmigung eines Konversionsprojekts für die Kommunen sinnvoll.

Für die Eigentümer könnte sich die jedoch die Erfüllung der Vorschriften des Bauordnungsrechts, das heißt insbesondere beim Lärm-, Schall- oder Brandschutz, als aufwendig erweisen. Auch das Thema Energieeffizienz sollte bei der Sanierung nicht ignoriert werden. Nebenkosten der Wohnungsmieter sind sozusagen das ESG-Äquivalent der Gewerbeimmobilien. 

Kommunen am besten mit ins Boot holen

Eine höhere Vermietungsquote, stetig steigende Mieten und geringere Kosten als ein Neubau: die Umwandlung von Büro- in Wohnflächen bietet vielfache Nutzungs- und Renditepotenziale. Eigentümer von Büroimmobilien können so dem Trend abnehmender Büromietflächen entgegenwirken, das Risiko für Leerstand verringern, stetige Erträge sichern und ihr Portfolio diversifizieren. Am Anfang muss jedoch eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse angestellt werden, um Kostenfallen zu vermeiden.

Hierbei sollte auch die mögliche Förderung durch die Kommunen im Rahmen eines ganzheitlichen Revitalisierungskonzepts geprüft werden. Denn es liegt auch im Interesse der Kommunen, die Wohnungsknappheit, vor allem in den Städten, zu verringern und den Leerstand von Bürogebäuden in den Innenstädten zu verhindern. Davon profitiert die städtische Lebensqualität deutlich. Der jüngste Appell von Bundeskanzler Olaf Scholz an die Kommunen, das Baurecht zu vereinfachen, ist in dieser Hinsicht als positives Signal zu werten.

Autor:in: Adalbert Pokorski, Gründer und Geschäftsführer der Greenwater Capital GmbH

zuletzt editiert am 26. Mai 2025