Im Berliner Friedrichstadtpalast fand am 10. Mai der Tag der Immobilienwirtschaft 2023 statt. André Eberhard war für immobilienmanager vor Ort und schildert seine Eindrücke.
Politik und Immobilienwirtschaft waren sich wohl selten näher. Beide Seiten suchen den engen Schulterschluss und vielleicht steht im nächsten Jahr sogar ein gemeinsames Tänzchen an, wenn die vielen offenen Baustellen bis dahin endlich in der Umsetzung sind. Knapp 2.500 immobilienwirtschaftliche Profis kamen unter dem Motto "Aufbruch im Umbruch" in den Berliner Friedrichstadtpalast, der in diesem Jahr Heimat des Tags der Immobilienwirtschaft des Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) war.
Inhaltlich bot der TDI wenig Neues. Natürlich konnte man sich den üblichen Parolen von "wir müssen endlich", über "warum machen wir nicht", bis hin zu "wenn nicht jetzt, wann dann" nicht entziehen. Dennoch war der Schulterschluss zwischen Politik und Branche spürbarer als in der Vergangenheit. Sogar ein Tänzchen zwischen Bauministerium und ZIA wurde in Aussicht gestellt. Allerdings wissen wir erst im nächsten Jahr, was getanzt wird und wer führt. Bis dahin steht viel auf der To-Do-Liste.
Jetzt muss geliefert werden
Mein Eindruck: Die Politik hat verstanden und die Branche will liefern. Eine neue Ernsthaftigkeit in Sachen Dekarbonisierung, sozialer Verantwortung und Digitalisierung hat Einzug gehalten. Jetzt muss geliefert werden. Was die Branche dafür braucht? Vor allem einfacherer Rahmenbedingungen. So fordert ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner etwa, dass Subventionen abgeschafft werden und im Gegenzug der Staat beim Bau von Immobilien weniger die Hand aufhält. Immerhin 37 Prozent der Baukosten gehen, noch bevor ein Bagger angerollt ist, in die Staatskasse. Auch ein neues, starkes KFW-Programm forderte Mattner.
Auch bei der Grunderwerbsteuer sind sich Politik und Immobilienwirtschaft eigentlich einig. Diese muss deutlich gesenkt werden, damit Eigentum wieder leistbar wird. Ein dickes Brett was es da zu bohren gilt, schließlich gibt es eine große Hürde zu überspringen – Föderalismus. Ob auch auf Länderebene Bereitschaft besteht die Grunderwerbsteuer deutlich zu senken, ist bisher noch fraglich.
Geschenke gibt es auch – aber erst zum Jahresende
Dafür hatte Bauministerin Geywitz noch ein Geschenk für die Branche dabei, das allerdings erst Ende des Jahres ausgepackt werden darf: Bis dahin sollen 60 Prozent aller Bauämter einen digitalen Bauantrag annehmen können. Und wenn das Umweltministerium mitspielt, wird auch die TA-Lärm angefasst und überarbeitet werden, sodass Nachverdichtung erheblich vereinfacht wird.
Reichlich Applaus gab es für die Bundesbauministerin, die die GEG-Novelle, so wie Robert Habeck sie plane, für nicht umsetzbar hält. „Ich sehe nicht, wie man das schaffen kann.“ Da besteht wohl noch einiges an Redebedarf und offenbart die Zwickmühle: Während Neubau bei Frau Geywitz verantwortet wird, ist die Bestandssanierung bei Robert Habeck im Ministerium angesiedelt – unglücklich, wenn man auch noch einen gelben Bundesfinanzminister hat.
Bundesfinanzminister Lindner, für den der TDI eigentlich immer ein Heimspiel ist, schickte diesmal seinen Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr. Er rief zum partnerschaftlichen Handeln aller Beteiligten auf, um nicht nur die immobilienwirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen, sondern auch den demografischen Wandel zu bekämpfen. „Wenn wir es schaffen wollen, den Arbeitskräftebedarf aus der eigenen Bevölkerung heraus zu decken, müsste jede Familie sieben Kinder bekommen,“ so Dürr. Sein Appell: „Wir müssen es schaffen, aus Deutschland ein modernes Einwanderungsland zu machen.“
"Wer vorne mit dabei ist, wird überleben"
Was Deutschland braucht, ist nicht was Deutschland will – so könnte die bisherige Meinung zum seriellen Bauen in Deutschland zusammenfassen. Einfaches, serielles Bauen ist sowohl für den ZIA als auch das Bundesbauministerium aber der Schlüssel, um den Wohnungsbau endlich anzukurbeln. Das ist eigentlich nichts Neues. Schon früher gab es die Versuche. Allerdings widerstrebte das dem deutschen Verständnis von Individualität. Serielles Bauen war in der Vergangenheit vor allem mit dem Begriff „Plattenbau“ verbunden. Das sei heute jedoch anders. Auch serielle Bauten könne man in gewissem Maße individualisieren.
Der Gewinner des Proptech-Awards, die Grophyus Bau, befasst sich schon seit einiger Zeit mit dem Thema. Innerhalb kürzester Zeit kann das Unternehmen heute Häuser bauen, die am Ende sogar noch mehr Energie produzieren als zu verbrauchen.
Die Branche sollte aufgewacht sein. Wer es bis jetzt nicht ist, der wird am Ende wohl nicht überleben. „Wer vorne mit dabei ist, wird überleben. Oder es zumindest künftig deutlich besser haben“, brachte Nikolas Samios die Situation auf den Punkt. Neben den großen Themen Digitalisierung und Dekarbonisierung gilt es auch Randschauplätze wie Cybersicherheit und Zukunftsfähigkeit im Auge zu behalten. Darüber hinaus müsse Deutschland aufpassen, im internationalen Wettbewerb weiter bestehen zu können, mahnte JLL Global-CEO Christian Ulbrich. Der US-amerikanische Markt ist in allen belangen derzeit attraktiver als der Deutsche. Sogar innerhalb Europas verliert Deutschland deutlich an Boden. Deutschland wird eine große Reformbaustelle sein. Es kommt auf den Willen an, Deutschland wettbewerbsfähig zu gestalten. Dann kann auch hierzulande wieder das Tanzbein geschwungen werden.