Savills hat rund 350 deutsche Shoppingcenter untersucht und auf Basis einer Cluster-Analyse deren Repositionierungsbedarf ermittelt.
In einer aktuellen Studie hat das Beratungsunternehmen Savills – mit Unterstützung von IPH und BBE – den Repositionierungsbedarf von 350 Einkaufszentren in Deutschland untersucht. Das Ergebnis: Der Shoppingcenter-Markt ist gesättigt und viele Center benötigen mehr als nur ein Feintuning, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies ist längst bekannt, wird aber oft noch zu undifferenziert thematisiert, meint Peter Hablizel, Director Investment bei Savills Germany: „Die Diskussion um die Zukunftsfähigkeit von Shoppingcentern ist häufig von einem allzu pessimistischen Grundton geprägt, der die strukturellen Herausforderungen des Segments auf alle Center überträgt. Natürlich gibt es Center, bei denen dies der Fall ist. So haben 40 Prozent der von uns untersuchten Center bereits heute einen akuten Repositionierungs- oder Umwidmungssbedarf. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es viele Center gibt, die nach wie vor ertragsstark sind. Daher wird ein Pauschalurteil der zunehmenden Heterogenität innerhalb der Shoppingcenter-Landschaft immer weniger gerecht.“
„Unser Ziel war es, herauszufinden, welche der heutigen klassischen Shoppingcenter auch in Zukunft als solche funktionieren können und welche bereits jetzt eine Repositionierung benötigen“, erläutert Rebecca Hummel, Senior Consultant Research bei Savills Germany, den Ansatz der Analyse. „Dabei haben wir uns auf drei wesentliche Indikatoren konzentriert: Erstens den aktuellen Leerstand, der zeigt, wie gut ein Center derzeit im Markt positioniert ist. Zweitens die Bevölkerungsprognose, die Hinweise über das zukünftige Kaufkraft gibt. Und drittens den Branchenmix, der die Resilienz gegenüber dem Strukturwandel im Handel bestimmt. Auch wenn diese drei Indikatoren nicht alle Facetten der Shoppingcenter-Landschaft abdecken, glauben wir, damit eine solide Grundlage für belastbare und nachvollziehbare Einschätzungen geschaffen zu haben.“
Von akutem Handlungsbedarf bis zu stabilen Ertragsaussichten
Rund 40 Prozent der untersuchten Shoppingcenter finden sich im Cluster „Reimagine“. Diese Objekte weisen bereits heute eine Leerstandsrate von mindestens zehn Prozent auf, der in den meisten Fällen aufgrund ungünstiger demografischer Prognosen und/oder eines wenig belastbaren Branchenmixes perspektivisch noch zunehmen dürfte. Für diese Center besteht laut Studie bereits heute ein akuter Handlungsbedarf, sei es durch Repositionierung oder Umwidmung. Ersteres zielt darauf ab, das Shoppingcenter als einzelhandelsfokussiertes Format zu erhalten und ergänzende Nutzungen zu integrieren, während eine Umwidmung mit größeren baulichen Maßnahmen verbunden ist, da Flächen zugunsten alternativer Nutzungen ersetzt werden.
So oder so wird für diese Maßnahmen Kapital benötigt, allerdings nicht von risikoaversen Investoren, wie Peter Hablizel erläutert: „Immer dann, wenn ein Shoppingcenter seine Funktion als Einzelhandelsdestination verliert oder zu verlieren droht und eine Handelsnutzung perspektivisch nur für einen Teil der Gesamtfläche realistisch erscheint, scheiden klassische Handelsimmobilieninvestoren als Käufer oft aus. Hier sind Projektentwickler und risikofreudigere Investoren gefragt. Denn diese Akteure bringen nicht nur das Kapital mit, sondern oft auch innovative Konzepte und Ideen, die Center zukunftsfähig zu repositionieren. Welcher Ansatz am erfolgversprechendsten ist, variiert je nach Center und kann nur durch umfassende Analysen präzise eingeschätzt werden. Aber wohin der Weg vieler Shoppingcenter führt, wenn zu lange nichts gemacht wird, haben die letzten Jahre gezeigt.“
Jedes vierte Shoppingcenter im Cluster „Cashcow“
Deutlich bessere Zukunftsaussichten haben jene Center, die Savills dem Cluster „Cashcow“ zuschreibt, was rund 25 Prozent der untersuchten Center entspricht. Diese Center befinden sich bei allen drei Indikatoren in einer starken Position mit überwiegend positiven Aussichten und sollten daher in den kommenden Jahren stabile Ertragsperspektiven bieten. Rebecca Hummel gibt zu bedenken: „Bei den Centern des ‚Cashcow‘-Clusters empfiehlt es sich zu prüfen, ob womöglich Anpassungsbedarf hinsichtlich des Branchenmixes besteht. Denn der ist auch in dieser Gruppe nur in den wenigsten Fällen resilient. Dennoch erfüllen diese Objekte nach wie vor die Kriterien eines Core-Investments und bleiben daher für risikoaverse Investoren interessant.“
Gewissermaßen an der Weggabelung in einer der beiden Richtungen befinden sich Center aus dem Cluster „Watchlist“, das etwa 35 Prozent der untersuchten Shoppingcenter beinhaltet. Obwohl sie derzeit noch eine niedrige Leerstandsrate aufweisen, könnte dieser aufgrund schrumpfender Bevölkerung und/oder eines ungünstigen Branchenmixes steigen. Diese Center sollten laut Studie aktiv beobachtet werden, um bei steigendem Leerstand frühzeitig stabilisierende Maßnahmen ergreifen zu können.
Überträgt man die Cluster auf einen Lebenszyklus und geht davon aus, dass der Markt der Shoppingcenter insgesamt gesättigt ist, lassen sich die Ergebnisse laut Hummel wie folgt einordnen: „Die ‚Cashcow‘-Center befinden sich vermutlich in der Reifephase, in der kleinere Maßnahmen zur Sicherung des Cashflows im Vordergrund stehen. Im Gegensatz dazu befinden sich die ‚Watchlist‘- und ‚Reimagine‘-Center irgendwo zwischen Sättigungs- und Degenerationsphase, was wiederum ein breites Spektrum an möglichen Maßnahmen in unterschiedlichem Umfang umfasst. Unsere Analyse ist daher eher als Ausgangspunkt für vertiefende Untersuchungen der einzelnen Center zu verstehen, liefert aber gleichzeitig einen weiteren Puzzlestein für eine differenzierte Diskussion über Shoppingcenter.“