Porträtbild von Michael Peter
Michael Peter (Quelle: David Winkler/Fourplex)

Nachhaltigkeit & ESG

16. December 2022 | Teilen auf:

Sanierung ist „eine enorme Strapaze“

Wohngebäude ESG-gerecht zu sanieren, stellt Entwickler und Bewohner vor Herausforderungen. Michael Peter, Inhaber der P&P Group, schildert die Hürden.

Wo sehen Sie Probleme bei der ESG-gerechten Sanierung von bestehenden Wohngebäuden?

Michael Peter: Es ist unklar, was genau umzusetzen ist. Die Definitionen sind schwammig. Und gerade im bewohnten Bereich ist die Sanierung auch schwer praktisch umzusetzen.

Wie sind Ihre konkreten Erfahrungen?

Michael Peter: Die Arbeit ist sehr granular. Bei 60 Wohneinheiten muss man 60 Mieter abholen und 60 Termine vereinbaren. Wir haben es probiert, aber dann Abstand davon genommen. Denn es bindet wegen seiner Komplexität enorme Kapazitäten.

Es geht also um fehlende personelle Ressourcen?

Michael Peter: Die ganze Entwickler- und Bauträgerbranche muss die aktuellen Marktveränderungen verarbeiten, sie wird personell abbauen müssen. In der aktuellen Zeit erhöht sich der Druck, Geschäft zu machen. Da legt man das Thema Sanierung dann vielleicht erst einmal zur Seite.

Wie umfassend wollten Sie die Gebäude sanieren?

Michael Peter: Wir haben versucht, die Werte der KFW 70 zu erreichen. Das bedeutet, dass man die Fassade, die Fenster, die Heizung und eventuell auch das Dach anfassen muss. Wie vermittelt man das den Mietern? Es ist eine enorme Strapaze für sie, denn man muss ja auch innen arbeiten und dann möglicherweise ganze Zimmer renovieren. Es entsteht eine Kettenreaktion.

Heißt das, dass Sie eigentlich gar nicht sanieren möchten?

Michael Peter: Nein, das heißt es nicht. Wir müssen sanieren, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren, das ist unstrittig.

Es gibt ja einige Anbieter, die serielle und modulare Systeme für die Sanierung der Gebäudehülle entwickelt haben. Würde das nicht helfen?

Michael Peter: Wir haben uns das angesehen, es sind gute Ideen, aber momentan noch nicht ausgereift genug. In Nürnberg gibt es größtenteils Zehn- bis Zwölf-Familien-Häuser, viele davon mit Sandstein-Fassaden, oft auch denkmalgeschützt. Dazu kommt: Wenn man die Fassade anfasst, dann muss man unter Umständen öffentlichen Grund überbauen. Dafür braucht man eine Genehmigung, und das kann viel Zeit in Anspruch nehmen.

Wie sieht es mit Sanierungen von leeren Wohnungen aus?

Michael Peter: Bei einem Mieterwechsel ist vieles machbar. Wir clustern die Objekte nach Baujahren und Zustand und leiten daraus Maßnahmen ab. Gerade bei Gebäuden aus den 1970er Jahren liegt vieles im Argen, dort sind neue Wärmedämm-Verbundsysteme nötig, und das bedeutet, dass auch die Fenster ausgewechselt werden müssen.

„Wenn wir über Sanierungen sprechen wollen, geht die Tür zu“

Das heißt, dass die bewohnten Wohnungen das Problem sind?

Michael Peter: Unsere Erfahrung ist, dass praktisch überall die Tür zugeht, wenn wir über Sanierungen sprechen wollen. Wir müssen sie schon ein Jahr im Voraus ankündigen – eine wahnsinnig lange Zeit –, die Maßnahmen erläutern und die monetären Konsequenzen. Wenn dann ein Mieter einen Anwalt einschaltet, um gegen die Maßnahmen vorzugehen, kann das die ganze Sanierung torpedieren. Denn es ist komplex, ein solches Vorhaben juristisch korrekt darzustellen. Wir erleben das in der Praxis.

Aber es ist doch rechtlich zulässig, acht Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umzulegen?

Michael Peter: Ja, aber ein Streit kostet Zeit. Und wer will schon streiten?

Welchen Weg sehen Sie, um dennoch die Sanierungsquote zu erhöhen?

Michael Peter: Man müsste die Mieter entlasten, eine Sanierung dürfte sie nichts kosten. Das bedeutet, dass es für die Eigentümer eine Förderung geben müsste wie zum Beispiel Steuervergünstigungen oder Abschreibungsmöglichkeiten. Dadurch würde die intrinsische Motivation der Eigentümer zunehmen und den Mietern kämen zwei große Vorteile zugute – sie hätten keinen steigenden Mietzins und gleichzeitig einen Anreiz, die Sanierung zu unterstützen, da die Miet-Nebenkosten dadurch sinken.

„Für viele Bauträger geht es ums Überleben“

Wie sehen Sie generell die momentane Situation der Wohnungsbranche?

Michael Peter: Die Branche hat sich mit zu teurem Produkt vollgesaugt. Anfang 2022 bezahlten Globalinvestoren noch das 33- bis 35-Fache für Wohnimmobilien, heute liegen wir beim 26-Fachen, und selbst zu diesem Faktor fehlen Käufer. Ganze Marktbereiche fallen weg. Und auch bei den Privaten sind nicht mehr die bisherigen Preise zu erzielen. Wo man – wie in Nürnberg – bei der Einzelvermarktung zu Jahresbeginn noch bei 8.000 Euro pro Quadratmeter lag, sind es heute 6.500 Euro. Wenn man aber ein Grundstück für 2.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gekauft hat und Baukosten von 3.500 Euro anfallen, rechnet sich das nicht mehr. Es geht also für viele Bauträger ums Überleben.

Welche Entwicklung erwarten Sie bei den Kosten?

Michael Peter: Die Kapitalkosten dürften sich bei 3,5 bis vier Prozent einpendeln. Die Baukosten werden vielleicht um zehn Prozent sinken – von 3.500 auf 3.200 Euro pro Quadratmeter. Bei den Grundstückskosten werden wir eine Halbierung sehen. In Nürnberg wurden Baufelder für 2.200 bis 2.400 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche verkauft. Heute werden sie für 1.500 Euro angeboten, und trotzdem findet sich kein Käufer.

Wie agieren Sie in diesem Umfeld?

Michael Peter: Wir bauen weiter und werden in zwei Jahren mit unseren neuen Produkten auf den Markt kommen. Denn ich rechne damit, dass die Nachfrage dann massiv gestiegen sein wird und wieder vernünftige Preise zu erzielen sind. Wir wollen nur noch Holz-Hybrid-Gebäude nach dem Standard KFW 40 NH errichten. Das ist allerdings nicht trivial, und es stellt sich auch die Frage, was der Markt in zwei Jahren braucht.

Und Sie bekommen das finanziert?

Michael Peter: Für uns ist das kein Problem. Wir haben im Unternehmen eine Eigenkapitalquote von über 50 Prozent.

Das Gespräch führte Roswitha Loibl.

zuletzt editiert am 12.12.2022