Fünf Personen auf der imFokus-Bühne
Die Panel-Teilnehmer auf der Bühne (v.l.n.r.): Arne Hilbert (Art-Invest), Thore Marenbach (Cube), Dr. Christoph Meyer zum Alten Borgloh (Loop), Lutz Keßels (Coros) und Moderatorin Roswitha Loibl. (Quelle: immobilienmanager)

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24. November 2022 | Teilen auf:

"Wir müssen den Wandel aktiv gestalten"

Wie gelingt Städten die Transformation zur 15-Minuten-Stadt? Wo machen Quartiere überhaupt Sinn? Unser imFokus-Gipfeltreffen am 23. November 2022 in der Kölner Motorworld lieferte Antworten.

Innerstädtische Quartiere sind für viele Marktteilnehmer das Konzept der Zukunft. Und wie diese Konzepte konkret aussehen könnten, veranschaulichte Jens Leyh vom Fraunhofer-Institut gleich zu Beginn mit seinem Impulsvortrag "Visionen für Quartiere von übermorgen: Transformationspfade für Quartiersmacher entdecken". Er führte die rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des imFokus-Gipfeltreffens durch unterschiedlichste Leitvisionen, wie Quartiere in zehn Jahren aussehen könnten.

Blick in die historische Empfangshalle der Kölner Motorworld
Jens Leyh auf der Bühne. (Quelle: immobilienmanager)

Welche Infrastruktur brauchen wir eigentlich im Quartier? Wie können wir Lebensmittel im Quartier produzieren (Stichwort Urban Farming)? Und was muss passieren, damit Quartiere im Jahr 2032 in maximal fünf Tagen das Baurecht von kommunalen Behörden erhalten? Nur ein kleiner Teil der anspruchsvolle Fragestellungen der Keynote. Doch in einem Punkt ist sich Leyh sicher: "Wir werden uns Gedanken dazu machen müssen, sich dem Wandel nicht nur anzupassen. Wir müssen den Wandel aktiv gestalten."

"Keine schnelle Nummer"

Klaus Kirchberger, Vorsitzender der Geschäftsführung der OFB Projektentwicklung, präsentierte im Anschluss ein Beispiel aus der Praxis: das Rée Carée in Offenburg. „Ziel gesteckt – Ziel erreicht? Die Bewertung einer Quartiersentwicklung aus der Rückschau“, lautete der Titel seines Vortrags. Er unterstrich, dass der Weg zu einem erfolgreichen Quartier "keine schnelle Nummer" sei, sondern Geduld und auch Starthilfe erfordert.

Weitere erfolgreiche Quartiersentwicklungen zeigte anschließend Thore Marenbach, Geschäftsführer von Cube Land Development. Sein Unternehmen realisiert etwa das Bahnhofsquartier in der Bahnstadt Opladen, das Projekt Bonner Flagge oder das Bilder Veedel in Köln-Bilderstöckchen. Marenbach hielt fest: "Ein nachhaltiges Quartier funktioniert in den meisten Fällen nur durch gemischte Nutzung."

Eric Giese von Siemens Smart Infrastructure lieferte wertvolle Impulse mit dem Vortrag "Digitale Infrastruktur für Campus und Quartiere". Den Abschluss der Keynote-Reihe machten Bent Mühlena und Ronald Behrendt von Union Investment mit dem Titel "Wertschöpfung im Bestand: Nachhaltige Transformation des Einzelhandelsstandortes Wandsbek Markt".

Die Stadtgesellschaft bereichern

„Wie lassen sich Quartiere bauen, die eine Stadtgesellschaft bereichern?“ Um Wechselwirkungen, Werkzeuge und die Verantwortung der Immobilienbranche für die gebaute Welt ging es in der Panel-Runde. Wie lässt sich erfahren, was die Nachbarschaft wirklich braucht, damit ein neues Quartier eine Bereicherung darstellt? Ein probates Mittel sind Bürgerdialoge, mit denen Lutz Keßels von Coros im Berliner Quartier am Humboldthain gute Erfahrungen gemacht hat.

Was dabei klar sein muss: Bürgerbeteiligung benötigt Zeit, und – wie Thore Marenbach von Cube betonte – die Leitplanken müssen klar sein. Er berichtete von einem Düsseldorfer Projekt, gegen das Anwohner protestiert hatten. Bei einer Versammlung dazu definierte er folgende Leitplanke: „Wenn wir hier kein kleinteiliges Wohnen errichten dürfen, dann verlasse ich diese Veranstaltung sofort wieder.“ Dieser klare Rahmen führte schließlich zu einer Lösung, die alle Beteiligten zufrieden stellte.

Ganz wichtig ist es jedoch, die politisch Verantwortlichen von Anfang an einzubeziehen. Und auch selbst Zugeständnisse zu machen, indem man beispielsweise der Stadt eine Teilfläche im Quartier zur eigenen Gestaltung überlässt. Flexibilität von beiden Seiten – darauf kommt es an. Da jedes Projekt anders sei, gebe es keine Blaupausen, betonte Dr. Christoph Meyer zum Alten Borgloh von Loop.

"Ich möchte bei der Party dabei sein"

Der Faktor S von ESG ist entscheidend dafür, dass ein Quartier eine positive Wirkung entfaltet. Doch das Soziale komme noch zu kurz, monierte Arne Hilbert von Art-Invest. Erst wenn die EU-Taxonomie auch dafür einen klaren Kriterienkatalog benennt, werde das S zu einer messbaren und damit auch für Finanzierung und Bewertung relevanten Größe.

Ein neues Betätigungsfeld, vielleicht auch ein neues Geschäftsmodell, steckt im Betrieb eines Quartiers und dessen Begleitung. Nur dann wird es ein lebenswerter Ort. Der Einwand, dass ja auch die Gründerzeitquartiere in Berlin funktionieren, ohne dass es eine Betreuung gebe, wurde gekontert mit der Bemerkung, dass der Faktor Zeit hier einfach die entscheidende Rolle spiele.

Und was würden sie sich wünschen, wenn in ihrer eigenen Nachbarschaft ein neues Quartier entstünde? Arne Hilbert sagte: „Ich bin ein geiler Partygast. Ich möchte bei der Party dabei sein. Ich möchte einbezogen werden und würde mich beteiligen wollen.“

zuletzt editiert am 25.11.2022