Ein modernes Bürogebäude in Nürnberg mit einer Fassade aus Sandstein und großen Fenstern, das sich an einer belebten Straße befindet.
Ein Joint Venture von Pegasus und PIC Capital hat das Büroobjekt am Frauentorgraben in Nürnberg erworben – das Gebäude soll umfassend saniert werden. (Quelle: Pegasus Capital Partners)

Standorte & Märkte 2025-10-16T09:11:22.995Z Nürnberger Büromarkt im Wandel

Die Anforderungen am Büromarkt Nürnberg ändern sich derzeit, die Lage ist durch Segmentierung gekennzeichnet. Insgesamt besteht ein Angebotsüberhang, bestimmte Objektarten sind aber rar. Von Matthias Autenrieth

So gespalten wie manche Gesellschaft derzeit: Der Nürnberger Büromarkt präsentiert sich aktuell sehr differenziert und im Spannungsfeld zwischen steigendem Leerstand und steigender Spitzenmiete. Nach Zahlen von JLL verzeichnete die Stadt 2024 nach einem schwachen Vorjahr ein verhältnismäßig starkes Ergebnis mit einem Flächenumsatz von 116.600 Quadratmetern – 66 Prozent mehr als 2023. Der fünfjährige Durchschnittswert wurde dabei um fünf Prozent und das zehnjährige Pendant sogar um 17 Prozent übertroffen. Die Spitzenmiete stieg von 17,50 Euro in 2023 auf 18 Euro je Quadratmeter. Gleichzeitig erhöhte sich aber auch der Leerstand von 6,8 auf 7,7 Prozent.

„Gesucht werden vor allem moderne Büroflächen im Neubau“, sagt Sven Sontowski, geschäftsführender Gesellschafter von S&P Commercial Development. Dabei gehe es nicht nur um zeitgemäße Ausstattung, die moderne Arbeitsweisen abbildet, sondern vor allem auch um Flexibilität, Energieeffizienz, smarte Gebäudesteuerung und Anpassungen an den klimatischen Wandel wie Verschattung oder Kühlung. „Weniger gefragt sind dagegen veraltete und sanierungsbedürftige Objekte sowie Liegenschaften in schlecht angebundenen Randlagen, die den genannten Ansprüchen nicht mehr gerecht werden.“ Rüdiger Hornung, Partner bei Wüest Partner, weist ebenfalls auf die großen Unterschiede innerhalb des Marktes hin: Während die Innenstadt von Nürnberg mit einem Leerstand von etwa einem Prozent nahezu voll vermietet sei, zeige sich, dass in Stadtrandlagen teilweise bis zu acht Prozent der Büroflächen leer stünden. „Gebäude in Randlagen oder mit veralteten Ausstattungsmerkmalen stehen derzeit vor erheblichen Herausforderungen und werden ohne umfassende Modernisierungen kaum noch vermietbar sein“, so Hornung.

Stranded in der Stadt

Für veraltete Bürobestandsflächen dieser Art sieht auch Martin Führlein, CEO von Pegasus Capital Partners, die Gefahr, bei ausstehender Modernisierung zum „Stranded Asset“ zu werden. Insbesondere gelte das für Liegenschaften mit hohem Energieverbrauch, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. „Der Sanierungsaufwand ist in solchen Fällen meist sehr hoch und rechnet sich dann auch nur bei langfristig gesicherten Mieteinnahmen“, sagt Führlein. Generell würden für Mieter und Nutzer vor dem Hintergrund steigender Kosten die energetischen Gebäudestandards zunehmend wichtiger.

Dies ist derzeit allerdings weder der einzige noch der bedeutendste Wandel am Nürnberger Markt. „Die stark veränderte Flächenanforderungen der Büronutzer führen zu einer Umstrukturierung des Immobilienmarktes“, erklärt Jan Oelze, geschäftsführender Gesellschafter von pro m². Viele Nutzer hinterfragten, ob die aktuelle Immobilie noch zu den veränderten Flächenanforderungen passe oder hier entsprechende Veränderungen wirtschaftliche, nachhaltige und gestalterische Optimierungen ermöglichten. Dabei wirkt auch das Thema Homeoffice nach, das nach Meinung von Oelze speziell bei Großnutzern ein merklicher Einflussfaktor bleiben wird. „Die zunehmende Verbreitung von Remote Work hat zu einem strukturellen Rückgang des Flächenbedarfs an klassischen Back-Office-Standorten geführt. Eine Flächenverkleinerung ist daher ein häufiger Grund für Mietvertragsveränderungen“, sagt Führlein. Auch von JLL heißt es: „Der Wechsel in moderne, ESG-optimierte Flächen in zentralen Lagen ist für viele Unternehmen wie auch die öffentliche Hand nach wie vor von hoher Bedeutung und treibt den Bürovermietungsmarkt an. Allerdings geht dieser auch mit Flächenverkleinerungen einher.“

Öffentliche Hand im Spiel

Dass die öffentliche Hand im Bericht von JLL eigenes erwähnt wird, hat einen Hintergrund. Im vergangenen Jahr war diese für circa 26.700 Quadratmeter bei sechs Abschlüssen und damit für knapp ein Viertel des Flächenumsatzes verantwortlich. „Die öffentliche Hand zeigte sich zuletzt als stabilisierende Kraft auf dem Nürnberger Büromarkt“, sagt Hornung, und weiter: „Verwaltungsbehörden und öffentliche Einrichtungen mieteten vermehrt Büroflächen an, wenngleich der Nachfrageanstieg in jüngster Zeit etwas nachgelassen hat.“ Dennoch blieben öffentliche Mieter in Nürnberg aufgrund ihrer langfristigen Planung und guten Bonität auch künftig wichtige Säulen für die Stabilität des Büroflächenmarktes.

Die nachlassende Nachfrage von Seiten der öffentlichen Verwaltung macht sich auch in der Struktur der gesuchten Flächen bemerkbar. Größere Flächen, wie zuletzt von der öffentlichen Verwaltung angemietet, werden laut Marktteilnehmern derzeit eher selten gesucht. „Aktuell besteht besonders Nachfrage nach kleineren Büroflächen zwischen 600 und 1.000 Quadratmetern“, beobachtet Sontowski. Diese Größenordnungen seien vor allem für mittelständische Unternehmen attraktiv, die flexible und moderne Arbeitsumgebungen benötigen. Solche Unternehmen hatten bereits im vergangenen Jahr in hohem Maße zur Erholung des Marktes nach dem schwierigen Jahr 2023 beigetragen, wie Oelze ausführt: „Die Marktbelebung ging nicht von klassischen Großmietern, sondern von vielen kleinen und mittleren Nutzern aus.“ Die Zahlen von JLL unterstreichen dies, demnach fanden 2024 fast drei Viertel der Vermietungsabschlüsse in Nürnberg in der kleinsten Größenklasse von unter 500 Quadratmetern statt. Die andere Seite dieser Medaille ist, dass größere Single-Tenant-Flächen momentan oft länger vakant bleiben, sofern sie nicht individuell geplant sind und sich durch hervorragende Lagequalitäten auszeichnen, wie Hornung sagt. „Expansive Gesuche sind aktuell rar und lösen jeweils starken Wettbewerb unter den Vermietenden aus“, berichtet Führlein. Auch allgemein stiegen aufgrund der Vielzahl an Angeboten am Markt die Anforderungen an Ausstattungsstandards und vertragliche Flexibilitäten. Dies führe oftmals zu längeren Verhandlungsphasen bei Mietverträgen. „Derzeit besteht ein deutlicher Angebotsüberhang“, sagt der Pegasus-CEO.

Expansive Gesuche sind aktuell rar.

Martin Führlein, Pegasus Capital Partners

Auf niedrigem Niveau stabilisiert zeigt sich nach Angaben von Hornung der Investmentmarkt. Seinen Angaben zufolge entwickelte sich die Netto-Spitzenrendite für Büroimmobilien zum ersten Mal seit Jahren gleichbleibend bis leicht rückläufig und lag zuletzt bei 5,10 bis 5,30 Prozent, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 0,2 Prozentpunkte.

Stabilisiert ist vielleicht auch insgesamt die richtige Beschreibung für die Perspektive des Nürnberger Büromarkts – stabilisiert und differenziert. „Der steigende Leerstand in Verbindung mit steigenden Spitzenmieten zeigt, dass sich der Markt zukünftig noch stärker segmentieren wird: Gute Immobilien werden weiterhin stark nachgefragt und können den veränderten Anforderungen adäquate Angebote machen“, sagt Oelze. Unsanierter, nicht zu modernisierender Altbestand wird auf der anderen Seite ein immer höheres Anpassungsrisiko darstellen. Seine Prognose: Nürnberg bleibe ein solider B-Standort mit Premiumansätzen, künftig werde es in einem immer stärker ausdifferenzierten Markt noch weniger um Quantität und vielmehr um Qualität gehen.

zuletzt editiert am 09. Oktober 2025