Die Zahl der Beschäftigten in Mönchengladbach wächst. Büroentwickler gehen Projekte nun auch spekulativ an.
Das Gelände war und ist ideal zum Exerzieren. Bis 1996 taten dies die Soldaten der britischen Rheinarmee. Heute lässt sich an dem Areal gut vorexerzieren, welchen Aufschwung die Stadt Mönchengladbach genommen hat. Die Rede ist vom Nordpark, den die meisten Auswärtigen wohl am ehesten wegen des Fußball- und des Hockey-Stadions kennen.
Doch der Nordpark ist auch ein wichtiger Unternehmensstandort mit mittlerweile rund 5.500 Arbeitsplätzen und etwa 66.000 Quadratmetern Bürofläche.
160 Hektar ist das Areal groß, rund elf Hektar davon sind noch zu haben. Das neueste Highlight heißt Paspartou und ist ein Bürogebäude, das in mehrfacher Hinsicht ein Zeichen setzt. Die beiden achtstöckigen Gebäude sind dank ihrer Höhe unübersehbar an der Einfahrt zum Nordpark, aber sie haben auch eine weitere Signalwirkung: Ein Investor und Eigennutzer wagte es, deutlich über den eigenen Bedarf hinaus zu planen – ein Novum für die Stadt. Die Meerbuscher
Beteiligungsgesellschaft Gebab investierte rund 20 Millionen Euro.
Dass sie auf dem richtigen Weg ist, zeigt sich am Vermietungsstand kurz vor Fertigstellung: Von den 9.000 Quadratmetern waren nur noch rund 1.800 Quadratmeter frei. Gebab selbst belegt gut 1.000 Quadratmeter.
„Campus Nordfeld“ heißt ein weiteres Büroprojekt mit 8.500 Quadratmetern vermietbarer Fläche, dessen Bau in den kommenden Monaten starten könnte – und auch dies spekulativ. Als Entwickler steht die Ralf Maibaum Haus- und Grundbesitzverwaltung dahinter sowie regionale Investoren.
Ans Bauen ohne Vorvermietung wagt sich auch eine regionale Investorengemeinschaft. Sie wird ein 10.000 Quadratmeter großes Bürogebäude errichten und 20 Millionen Euro investieren. Die Vollvermietung ist dagegen schon gesichert beim Projekt eines Eigennutzers, der aus der Nachbarstadt Viersen nach Mönchengladbach zieht. Der Online-Händler Reuter.de, der auf Bäder spezialisiert ist, baut sich dort gerade seine 50 Millionen Euro teure Firmenzentrale. 450 Mitarbeiter sollen in den fünfgeschossigen Bau Ende 2019 einziehen können. 14.500 Quadratmeter ist der Verwaltungsbau mit Concept Store groß, weitere 17.000 Quadratmeter misst ein Gebäude, in dem eine Kita, ein Fitnesscenter und ein Parkhaus unterkommen.
Auch mehrere kleinere Projekte sorgen für Zuwachs, die meist von Eigennutzern initiiert werden, dann aber noch etliche Quadratmeter Flächen zur externen Vermietung draufgesattelt bekommen. So plant eine private Bauherrengemeinschaft ein Bürogebäude mit 2.000 Quadratmetern Bruttogrundfläche, in dem 90 Arbeitsplätze untergebracht werden können.

2.100 neue Arbeitsplätze
Als Wirtschaftsstandort hat sich Mönchengladbach in jüngster Zeit gut entwickelt. Die Zahl der Beschäftigten wächst stetig. Anfang 2018 zählte die Agentur für Arbeit 98.000 sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte – dies sind 2,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dafür ist vor allem die Lager- und Logistikbranche verantwortlich. Die Wirtschaftsförderung WFMG engagiert sich mit Erfolg: Allein im Jahr 2017 akquirierte sie rund 2.100 neue Arbeitsplätze – darunter 1.000 im künftigen Amazon-Logistikzentrum.
Trotz des dynamischen Arbeitsmarktes lag die Arbeitslosenquote in der Stadt Mönchengladbach im Juni 2018 bei relativ hohen 9,6 Prozent, was 13.500 Jobsuchende bedeutet. Immerhin ist sie im Laufe eines Jahres um 0,6 Prozentpunkte gesunken. Nach Branchen gegliedert, erweist sich der tertiäre Sektor – also Handel und Dienstleistung – als besonders dynamisch. Dort wurden von 2008 bis 2017 fast 15.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, ein Zuwachs von fast 25 Prozent. An der Spitze liegt das Gesundheits- und Sozialwesen, gefolgt von Unternehmen aus dem Bereich Verkehr, der öffentlichen Verwaltung, dem Einzel- und dem Großhandel.

Die IHK Mittlerer Niederrhein hat sich die Branchenstruktur näher angesehen und mit den Daten des gesamten Bundeslandes verglichen. Dabei zeigte sich, dass der Tertiäre Sektor in Mönchengladbach stärker vertreten ist als im Durchschnitt des Landes NRW. 77 Prozent der Beschäftigten arbeiteten im Jahr 2017 in diesem Bereich. Im gesamten Bundesland waren es knapp 73 Prozent.
Schwerpunkt Textiles
Die Vergangenheit prägt dennoch die Wirtschaftsstruktur der Stadt. Textil und Bekleidung ist – im Vergleich zum gesamten Bundesland NRW – die Branche, die den auffälligsten Schwerpunkt darstellt: Im Jahr 2017 arbeiteten dort mehr als drei Mal so viele Beschäftigte in Relation zur Bevölkerungszahl wie im Landesdurchschnitt. Eines dieser Unternehmen ist A. Monforts Textilmaschinen im SMS Businesspark. Es betreibt dort einen Verwaltungs- und Entwicklungsstandort, an dem neue Maschinen für die Veredelung von Textilien erdacht werden. Und zwar nicht nur für Kleidung, sondern auch für technische Textilien, die sich beispielsweise in Akkus von Elektroautos befinden.
Insgesamt haben aber von 2008 bis 2017 sowohl der Maschinenbau als auch die Textil- und Bekleidungsindustrie
zahlreiche Arbeitsplätze verloren. Umso wichtiger ist es, dass sich Stadt und Wirtschaft um Zukunftsbranchen kümmern. Sie spinnen den Faden weiter, den der Masterplan ausgelegt hatte und planen weitere Projekte im Rahmen der Initiative mg+. Schwerpunktthemen dabei sind Mobilität und E-Mobilität, saubere Stadt und Digitalisierung.
Experimentierräume für Digitales
Wirtschaftsförderung im Bereich Digitalisierung betreibt die WFMG mit dem Konzept „Experimentierräume Mönchengladbach“, das Fördermittel vom Land erhält. Die WFMG kann zusammen mit dem Gründer- und Digitalverein next MG und weiteren Projektpartnern wie dem „Westend.MG“ und dem Gründerzentrum „Blauschmiede“ des Energie- und Verkehrsunternehmens NEW in den nächsten zwei Jahren Digitalisierungsprojekte initiieren. Dabei geht es um die Zusammenarbeit von Start-ups und etablierten Unternehmen, um Netzwerke für die digitale Transformation zu etablieren.
Autor: Roswitha Loibl
Edition Mönchengladbach