Deutschlands Städte wachsen und die Wirtschaft befindet sich im anhaltenden Aufwind. Beides lässt die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeflächen steigen – die zudem auch noch um ähnliche Entwicklungsflächen konkurrieren.
Verschiebungen in Demografie und Arbeitswelt wie der Trend zu Einpersonenhaushalten oder die stärkere Vermischung von Arbeit und Freizeit verstärken den Zuwanderungsdruck insbesondere auf die Innenstädte. Dort wächst die Konkurrenz um den begrenzten Platz.
Die Folgen des starken Wachstums vieler deutscher Städte zeigen sich längst auch bei Gewerbeimmobilien. In allen Top-7-Standorten und vielen weiteren Städten sind Büroflächen ein knappes Gut geworden. In Berlin lag die Leerstandsquote zum Ende des dritten Quartals 2017 nur noch bei 2,4 Prozent, in Stuttgart waren es sogar nur 2,2 Prozent. Das ist nach allgemein verbreiteter Meinung mit Vollvermietung gleichzusetzen. Und auch bei Logistik- oder Industrieflächen übersteigt die Nachfrage in vielen Städten das Angebot.
Dabei fokussieren sich Wohnungs- und Gewerbeflächennachfrage auf ähnliche Gebiete. Denn der Trend „zurück in die Stadt“ lässt sich bei Menschen wie Unternehmen gleichermaßen beobachten. Für beide wird es insbesondere in den urbanen innerstädtischen Quartieren eng. Denn die insbesondere von jungen, wachsenden Unternehmen aus der Technologie- oder Kreativwirtschaft gesuchten Standorte liegen häufig in denselben urbanen Vierteln, die auch für Wohnungssuchende attraktiv sind. Als wäre das noch nicht genug, drängen auch die Logistiker stärker in zentrale Lagen, um mit entsprechend positionierten Verteilzentren kurze Lieferwege zu gewährleisten.
Die Mischung macht‘s
Städte setzen daher darauf, die Entwicklung gemischter Standorte voranzutreiben, um Leben und Arbeiten bestmöglich miteinander zu verbinden. Das richtige Gleichgewicht zwischen den einzelnen Nutzungsarten zu schaffen ist wichtig, da Arbeiten und Wohnen zunehmend verschmelzen.
Ein Beispiel hierfür ist Hamburgs Hafencity mit ihrer Mischung der verschiedenen Nutzungen Arbeiten, Wohnen, Kultur, Freizeit, Tourismus und Einzelhandel. Im Kölner Rheinauhafen wiederum konnten in einem gemischten Quartier sowohl hochwertige Wohnungen wie auch dringend benötigte Bürogebäude in attraktiver Lage realisiert werden. Ehemals monostrukturierten Bürovierteln in peripherer Lage wie Frankfurt-Niederrad oder Düsseldorf-Seestern wiederum soll eine stärkere Nutzungsmischung neue Impulse verleihen.
Als Entlastung für die angespannten Wohnungsmärkte sind Umnutzungen in den Ballungszentren in der Regel hochwillkommen. Sie haben mittlerweile auch ein erhebliches Volumen erreicht: So wurden allein in München zwischen 2008 und 2016 rund 1,6 Millionen Quadratmeter Gewerbefläche in Wohnraum umgewandelt.
Von einer stärker durchmischten Stadtstruktur profitieren auch die Gewerbeflächen. Insbesondere an den Standorten, die aufgrund einer dezentralen Lage oder einer unzureichenden Infrastruktur aktuell mit Abwanderung und höheren Leerständen zu kämpfen haben. Ein Beispiel hierfür ist der Businesspark Bahrenfeld in Hamburg: Der Leerstand der Büroflächen dort liegt aktuell bei gut zehn Prozent. Durch ein neu geplantes Stadtquartier in unmittelbarer Nähe zum Altonaer Volkspark könnten Synergieeffekte entstehen und der Standort möglicherweise aus seiner peripheren Lage stärker in den Fokus flächensuchender Unternehmen rücken.
Chancen nutzen
Insgesamt werden Revitalisierungen und die fortlaufende Optimierung der Nutzungsmischung in vielen Städten nicht ausreichen, um dem sich abzeichnenden weiteren Wachstum von Bevölkerung wie Wirtschaft ausreichend Raum zu geben. Deshalb ist es so wichtig, die noch vorhandenen Flächenpotenziale intelligent zu nutzen.
Die Nutzung großflächiger ehemaliger Industrieareale ist ein Weg. Viele nicht mehr benötigte innerstädtische Güterbahnhöfe sind bereits neuen Stadtquartieren gewichen. In Köln wurden außerhalb der Innenstadt brachliegende Industriestandorte erfolgreich in gemischte Quartiere umgewandelt, wie etwa auf dem ehemaligen Gelände der chemischen Fabrik im rechtsrheinischen Stadtteil Kalk. Mit den Holsten Quartieren entstehen in Hamburg aktuell rund 2.500 Wohnungen, Gewerbe- sowie Infrastrukturflächen auf einem früheren Brauereigelände.
Die Frage, in welche Richtung sich Städte und Quartiere entwickeln und wie sich die unterschiedlichen Bedürfnisse – Bedarf an preiswertem Wohnraum, Entfaltungsmöglichkeiten für Unternehmen und auch ausreichend innerstädtische Grün- und Freiflächen – unter einen Hut bringen lassen, war immer auch Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Angesichts des starken Wachstums, verbunden mit weiteren Herausforderungen, etwa den Folgen des Klimawandels, ist die Aufgabe für Politik und Verwaltung nochmals komplexer geworden.
Da ist es besonders fatal, wenn Planungsämter und Bauaufsicht als Folge jahrelanger Sparpolitik heute in vielen Kommunen chronisch unterbesetzt sind. So herrscht nicht nur um die knappen innerstädtischen Grundstücke ein intensiver Wettbewerb, sondern auch um die Ressourcen in den Behörden.
Da sich an diesem Zustand auf kurze Sicht nichts Grundlegendes wird ändern lassen, ist es umso wichtiger, bei der Suche nach Lösungen, um das starke Wachstum zu bewältigen, stets alle Funktionen einer Stadt im Blick zu behalten.
Autor: Guido Nabben ist Sprecher von German Property Partners.
