
2024-01-15T09:41:19.074Z ESG-Zertifikate: BREEAM, LEED oder DGNB?
In Zeiten von Klimawandel und internationalen Anstrengungen zur nachhaltigen Transformation der Wirtschaft haben belastbare ESG-Zertifikate eine nicht zu unterschätzende Imagewirkung. Sie geben Auskunft über vorbildliche Praktiken von Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung und dienen Verbrauchern als verlässliche Orientierung. Doch jedes Land hat eigene Zertifikate oder Anwendungssysteme, was die Frage aufwirft, welches Zertifikat für wen das „richtige“ ist. Jens Böhnlein war als BREEAM- und LEED-Auditor tätig und ist mit der Zertifikate-Landschaft bestens vertraut. In seinem Expertenbeitrag bricht er eine Lanze für das oft noch unterschätzte DGNB-Zertifikat.
Den Auftakt machte die 1990 in Großbritannien entwickelte „Building Research Establishment Environmental Assessment Method“, kurz BREEAM. Sie gilt als weltweit am weitesten verbreitete Methode zur Nachhaltigkeitsbewertung von Immobilien und basiert auf einem einfachen Punktesystem. Die maximal 100 Punkte werden von unabhängigen Auditoren nach festgelegten Kriterien inklusive Gewichtung vergeben. Es fließen verschiedenste Gebäudeaspekte vom Energie- und Wasserverbrauch bis hin zum Komfort der Nutzer prozentual in die Bewertung ein und führen je nach erreichter Punktzahl zu einer von fünf Exzellenz-Stufen bei Neubauten beziehungsweise sechs Exzellenz-Stufen bei Bestandsgebäuden. Die 2008 aktualisierte BREEAM-Produktpalette hat an der Fokussierung auf ökologische Nachhaltigkeit nichts geändert – auch wenn soziale Aspekte seitdem stärker berücksichtigt werden. Mit seinem Green-Building-Ansatz gehört BREEAM zu den werbewirksamen Bewertungsverfahren der ersten Generation.
Zu ihnen zählt auch das 1998 vom U.S. Green Building Council (USGBC) in den USA entwickelte Zertifikat LEED (Leadership in Energy and Environmental Design). Dass es auf BREEAM basiert, ist unschwer an der 100-Punkte-Systematik zu erkennen. Ihr liegen Kriterien aus sechs Kategorien zugrunde: nachhaltige Landnutzung, Wassereffizienz, Energie & Atmosphäre, Materialien & Ressourcen, Innovation & Planungsprozess sowie Aufenthaltsqualität. Die Bewertungskategorien lauten „Zertifiziert“, „Silber, „Gold“ und „Platin“. Mittlerweile ist LEED als Standard für nachhaltiges Bauen gesetzt und wird weltweit in 40 Ländern genutzt – nicht zuletzt als wirkungsvolles Marketinginstrument. Ein Vorteil von LEED gegenüber BREEAM ist die Differenzierung nach unterschiedlichen Bauaufgaben. So gelten für „Neubauten und Sanierungen“, „Investorenmodelle“ sowie „Gemeinden und Städte“ unterschiedliche Kriterienkataloge, die durch eigene Zertifizierungsvarianten Anerkennung finden. Eine weitere Besonderheit bietet die Plattform „LEED online“, die gebäudespezifisch generierte Daten nicht nur digital aufbereitet, sondern auch als Basisdatensatz für weiterführende Zertifizierungen genutzt werden können.
DGNB punktet mit ganzheitlichem ESG-Ansatz im Kontext der Taxonomie
Auch das 2008 ins Leben gerufene Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) fußt auf den Erfahrungen der ersten Generation, gilt aber mit seinem Fokus auf die Lebenszyklusanalyse – der Betrachtung der Umweltauswirkungen von der Planung bis zum Abriss eines Gebäudes – und der Gleichgewichtung der Faktoren E, S und G als Bewertungsmethode der zweiten Generation. Ausgehend von dem Ansatz, dass jedes Gebäude und Quartiersprojekt unterschiedliche Phasen mit spezifischen Anforderungen und Beteiligten durchläuft, bietet das DGNB-System verschiedene Varianten, die je nach Projektphase als Planungs-, Optimierungs- oder Managementtool dienen. Es gibt spezielle Systemvarianten für Neubau, Betrieb und Sanierung von Gebäuden sowie für Quartiere, Innenräume, Gebäuderückbau und Baustellen.
Das anspruchsvolle Anliegen, nachhaltiges Bauen praktisch anwendbar, über einen Lebenszykluskostenrechner (LCCC) messbar und damit vergleichbar zu machen, führt zu einer enormen Komplexität, die das DGNB-System deutlich...
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