Berggipfel und Wolkendecke
Der Gipfel der Zinserhöhungen ist laut der aktuellen Catella-Infografik noch längst nicht erreicht. (Quelle: Pixabay)

Finanzierung 2023-08-08T06:26:45.351Z Auf der Suche nach dem Gipfel

Catella rechnet mit einer weiteren Zinserhöhung um 25 Basispunkte – eine Sommerwanderung durch die Zinslandschaft Europas in Form eines Kommentars von Dr. Thomas Beyerle.

„War's das jetzt mit den Zinserhöhungen?“ Diese Frage wurde uns in den letzten Tagen sehr häufig an uns gerichtet. Der Hintergrund ist klar: Die Immobilienwirtschaft befindet sich – seit den ersten Zinserhöhungen vom Juni 2022 – im Krisenmodus. Dabei war es weniger die Zinsanapassung per se. Dramatischer war vielmehr die Geschwindigkeit, mit welcher die EZB beziehungsweise die jeweiligen Notenbanken in Europa den Leitzins stetig erhöhten, getrieben vom maßgeblichen Ziel, die „Höhe und Hartnäckigkeit“ der Inflation zu bekämpfen. Einfacher formuliert: wieder auf ein niedrigeres Niveau zu senken.

Am 27. Juli 2023 wurde der letzte – vorläufige – Zinsschritt durch den EZB-Rat beschlossen, übrigens diesmal einstimmig, und damit auch den Kurs einer restriktiven Geldpolitik fortzusetzen. Die EZB geht davon aus, dass die Inflation im weiteren Verlauf des Jahres weiter sinken, aber noch längere Zeit über dem Zielwert bleiben wird.

Erhebliche Unterschiede der Inflationsraten

Unsere Karte auf Seite 3 des Finance Focus (743,63 KB - JPG) zeigt das Dilemma geographisch auf und damit die Schwierigkeiten, mit denen die EZB derzeit konfrontiert ist. Die Inflationsraten unterscheiden sich innerhalb der Eurozone erheblich:

  • Österreich liegt mit einer HVPI-Rate von 7,8 Prozent an der Spitze, während die Raten von Luxemburg mit 1,0 oder Spanien mit 1,6 Prozent bereits unter der Zielinflationsrate der EZB liegen.
  • Die größten Volkswirtschaften des Euroraums Deutschland, Frankreich und Italien melden Inflationsraten zwischen 5,7 und 6,8 Prozent.

Diese Finanzpolitik, welche die Immobilienwirtschaft freilich schmerzt, scheint aber Früchte zu tragen: Laut der jüngsten EZB-Umfrage unter Analysten wird erwartet, dass die Gesamtinflation im Euroraum von 5,5 Prozent im Jahr 2023 auf 2,7 Prozent im Jahr 2024 und 2,2 Prozent im Jahr 2025 sinken wird.

Doch mit ihrem Kampf gegen die Inflation steht die EZB in Europa nicht allein da:

  • Die norwegische Zentralbank erhöhte ihren Leitzins am 23. Juni auf 3,75 Prozent und die schwedische Zentralbank folgte am 5. Juli 2023 mit demselben Zinssatz.
  • Der Leitzins in Dänemark beträgt seit 28. Juli 3,50 Prozent und die Bank of England erhöhte ihren Leitzins letztmals am 14. Juli 2023 auf 5,00 Prozent.
  • Lediglich die Schweizer Nationalbank hat die Zinsen nicht so drastisch erhöht, da die Schweizer Inflationsrate immer noch eine der niedrigsten in Europa ist. Derzeit beträgt der Schweizer Leitzins seit dem 23. Juni 2023 1,75 Prozent.
  • Im Kampf gegen die anhaltend hohe Inflation erhöhte die BOE Bank of England Anfang August den Leitzins erneut um 0,25 Prozentpunkte auf 5,25 Prozent. Das ist die bereits vierzehnte Zinserhöhung seit Ende 2021.

Immobilienmärkte kommen erst 2024 wieder in Fahrt

Deshalb zur Eingangsfrage zurück: War's das jetzt? Klares NEIN: Wir gehen von einer weiteren Zinserhöhung um 25 Basispunkte für alle drei Leitzinsen aus, die nach der nächsten Sitzung des EZB-Rats am 14. September 2023 bekannt gegeben wird. Unsere Annahmen und Ausblicke finden Sie im Text dargelegt. Und die Immobilienwirtschaft?

Diese wird weiterhin auf dem Niveau sehr geringer Transaktionen, fallender Verkehrswerte, stagnative Flächenanmietungen und der zunehmenden Einpreisung der CO2 Kosten in der Gesamtbilanz Lösungsangebote zu unterbreiten. Wir teilen gleichwohl die Hoffnung, dass mit der Septemberentscheidung der Höhepunkt des Zinsanstieges erreicht sein dürfte. Bis die Immobilienmärkte dann wieder signifikant in Fahrt kommen, schreiben wir das Jahr 2024.

Die vollständige Catella-Infografik "Finance Focus #02/23" finden Sie hier zum Download (2,04 MB - PDF) .

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zuletzt editiert am 08. August 2023