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Wie ein Pflänzchen braucht auch der geförderte Wohnungsbau den richtigen Schuss Liquidität (Foto: Amenici181/istock)

Finanzierung 2017-10-09T00:00:00Z Auf den Zuschuss kommt es an

Ob Investoren mehr öffentlich geförderte Wohnungen bauen, hängt entscheidend von den Förderbedingungen der jeweiligen Länder ab. Gibt es ausschließlich vergünstigte Darlehen oder auch Zuschüsse? Diese Unterschiede gibt es bei der Förderung.

So richtig zufrieden ist Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) nicht. Da hat der Bund die Kompensationsmittel für die soziale Wohnraumförderung von gut 500 Millionen Euro im Jahr 2015 auf jetzt 1,5 Milliarden Euro verdreifacht – und doch steigt die Zahl der neuen Sozialwohnungen nicht so deutlich, wie man vor dem Hintergrund des Geldsegens erwarten könnte. Zwar nahm die Zahl der Wohnungen, deren Förderung die Länderbehörden 2016 genehmigten, auf 24.550 zu; das war aber eine Steigerung um „nur“ 68 Prozent. „Einige Länder sind schnell aufgewacht und haben umgesteuert“, stellt Hendricks fest. „Andere müssen noch mehr tun.“

In Baden-Württemberg sind die Zahl gefördertert Wohnung sogar
Tatsächlich fällt bei den Zahlen, welche die Bundesländer für das Jahr 2016 an das Ministerium gemeldet haben, eine gegensätzliche Entwicklung auf. Zwar haben die meisten Länder, die den Neubau von Mietwohnungen in nennenswertem Umfang fördern, die Zahl der geförderten Einheiten deutlich erhöht. Ein Bundesland aber fällt aus dem Rahmen: In Baden-Württemberg ist die Zahl der geförderten Wohnungen 2016 um ein Drittel zurückgegangen.

Der Grund dafür liegt in der Fördersystematik. Seit die Föderalismusreform im Jahr 2006 die Kompetenz für den sozialen Wohnungsbau auf die Bundesländer übertragen hat, können diese frei entscheiden, ob sie überhaupt den Neubau von Mietwohnungen finanziell fördern und mit welchen Instrumenten sie das tun.
Der klassische Weg ist dabei das Darlehen mit subventionierten Zinssätzen. Doch in der seit langem anhaltenden Niedrigstzinsphase hat dieses Instrument an Wirksamkeit verloren. Mehrere Länder haben deshalb in den vergangenen Jahren ihre Förderrichtlinien überarbeitet und eine Zuschussvariante eingeführt.

Baden-Württemberg aber hielt bis vor kurzem daran fest, Bauherren von öffentlich geförderten Wohnungen ausschließlich durch vergünstigte Darlehen zu unterstützen. Erst im April dieses Jahres trat das neue Förderprogramm „Wohnungsbau BW 2017“ in Kraft. Dieses stockt zum einen das jährliche Fördervolumen auf 250 Millionen Euro auf und bietet zum anderen erstmals eine Zuschussvariante, bei der dem Förderempfänger der gesamte Subventionsbarwert des möglichen Darlehens als Zuschuss gewährt wird.

Sie sei optimistisch, dass durch das neue Förderprogramm der Wohnungsbau in Baden-Württemberg „zügig vorangebracht“ werden könne, sagte Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, anlässlich des Inkrafttretens des Programms.
Bereits gelungen ist das in Hessen. Dort wurden 2015 nicht nur die Zinsen für das Darlehensprogramm um 0,3 Prozentpunkte auf 0,6 Prozent gesenkt, sondern es wurde auch ein Zuschuss eingeführt, der sich auf zehn Prozent der Darlehenssumme beläuft. Die Zahlen legen nahe, dass diese Änderungen den gewünschten Effekt hatten: Nachdem 2015 Förderanträge für lediglich 733 Mietwohnungen positiv beschieden wurden, verdreifachte sich diese Zahl 2016 auf 2.222 Wohnungen. Allerdings ist darin auch das Kommunalinvestitionsprogramm enthalten, das Kommunen unter anderem bei der Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge unterstützt.

Private Investoren üben Kritik
Aus Sicht der Immobilienwirtschaft reicht das bisher in Hessen Gebotene nicht aus. „Unter den jetzigen Bedingungen ist die soziale Wohnraumförderung in den meisten Fällen für Investoren unwirtschaftlich und nicht attraktiv genug“, kritisierte Gerald Lipka, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände (AWI) Hessen, bereits im März dieses Jahres. Die AWI fordert unter anderem eine Senkung der Zinsen auf null Prozent und eine Anpassung der Fördermieten.

Dass der öffentlich geförderte Wohnungsbau für Investoren nicht attraktiv genug ist, ist auch die zentrale These einer Untersuchung von Dr. Lübke & Kelber. Demnach reicht die Förderung in keinem Bundesland aus, um den Renditenachteil gegenüber frei finanziertem Mietwohnungsbau auszugleichen.
Trotzdem gibt es durchaus Investoren und Projektentwickler, die sich im Segment des öffentlich geförderten Wohnungsbaus engagieren. „Die Aik“, sagt beispielsweise Dr. Stephan Hinsche, Sprecher der Geschäftsführung der Aik Immobilien-Investmentgesellschaft mbH, „investiert seit vielen Jahren in geförderten Wohnbau und verbucht seither positive Erfahrungen.“ Dabei sind für das Investmenthaus die jeweiligen Förderrichtlinien nicht entscheidend: Die Aik, die rund 2.000 Sozialwohnungen in sechs Bundesländern in ihrem Portfolio hat, schließt in ihrer Ankaufsstrategie nach eigenen Angaben kein Bundesland per se aus.
Auch Sahle Wohnen als großer Bestandshalter öffentlich geförderter Wohnungen macht seine Investitionsentscheidungen nicht allein von der Förderpolitik abhängig. „Der Bau von öffentlich geförderten Wohnungen ist oft weniger ein Problem der Förderprogramme als ein Problem der Grundstücksbeschaffung unter den aktuellen Marktbedingungen“, erklärt Pressesprecherin Sybille Jeschonek. Als Unternehmen, das sich auf den öffentlich geförderten Wohnungsbau spezialisiert habe, sei Sahle Wohnen in der Lage, sich in die jeweiligen Förderrichtlinien einzuarbeiten.

Vorzeigebeispiel Nordrhein-Westfalen
Klaus Franken, Geschäftsführer der Catella Project Management GmbH, schätzt hingegen besonders das Förderumfeld in Nordrhein-Westfalen. Von einem „herausragenden Förderergebnis“ sprach auch Martin Dornieden, Vorsitzender des BFW Nordrhein-Westfalen, als die jüngste Bilanz bekannt gegeben wurden: Die Zahl der in Nordrhein-Westfalen geförderten Wohnungen erhöhte sich 2016 gegenüber dem Vorjahr um zwei Drittel auf 9.301. „Auch unsere Mitgliedsunternehmen erkennen im sozialen Wohnungsbau wieder Renditechancen“, lobte Dornieden. Nordrhein-Westfalen war eines der ersten Bundesländer, das nicht nur die Mittel für den sozialen Wohnungsbau deutlich erhöhte, sondern mit Wirkung ab dem Jahr 2015 auch einen Tilgungszuschuss einführte.

Etwas länger dauerte dieser Umdenkprozess in Bayern. Dort erhalten Bauherren, die öffentlich geförderte Wohnungen errichten, ein zinsgünstiges Darlehen (0,5 Prozent) und darüber hinaus seit 2016 einen Zuschuss von bis zu 300 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Das scheint sich auszuzahlen: Die Zahl der Wohnungen, für die eine Förderung bewilligt wurde, erhöhte sich 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 96 Prozent auf 3.725.

Autor: Christian Hunziker

zuletzt editiert am 31. Mai 2021